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Die Liveberichterstattung erfolgte aus dem Rathaus. Foto: StVw

„Gesundheit und Lebensqualität sind ansteckender als eine Viruserkrankung“

Als die Gaggenauer Gesundheitsstrategie 2016 auf den Weg gebracht worden ist, stand Gaggenau im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Jetzt machte auch der Deutschlandfunk in Gaggenau halt, um über den aktuellen Stand der Dinge beim weitreichenden Projekt zu berichten. Unter dem Titel „Gesünder altern in Gaggenau“ strahlte der renommierte Sender anderthalb Stunden lang seinen Beitrag aus der Reihe „Länderzeit vor Ort“ live aus dem Foyer des Rathauses aus. Es moderierte Bettina Köster, während Oberbürgermeister Christof Florus, Professor Dr. Joachim Fischer, Peter Koch (Gaggenauer Altenhilfe), Stefan Hauer (Personalleiter, Firma Maisch Protektorwerk), Barbara Fischer (Geschäftsführende Schulleiterin), Jutta Walter (ehrenamtlich engagierte Gaggenauerin), Stephan Juch (Badisches Tagblatt, stellvertretender Leiter Lokalredaktion Murgtal) und – zugeschaltet – Wolfgang Binnig (Bürgermeister Michelfeld bei Schwäbisch Hall) zu den Gesprächspartnern gehörten.

Netzwerk als entscheidende Grundlage

Dabei waren sich alle Beteiligten darin einig, dass in Gaggenau durch Unterstützung der Stadt in Richtung Gesundheitsstrategie schon einiges gemacht worden sei – namentlich bei der Kinder- und Seniorenbetreuung. Die Geschäftsführende Schulleiterin Fischer beobachtete bei den Lehrern eine zunächst noch etwas verhaltene Reaktion auf die Gaggenauer Gesundheitsstrategie, rechnet aber mit guten Anregungen nach Auswertung der ersten Umfragebögen aus dem Schulbereich. Gaggenau sei schon gut unterwegs, zumal ein tolles Netzwerk zusammen mit der Stadt geschaffen und wichtige Akzente in Richtung mehr Bewegung und gesunde Ernährung gesetzt worden seien. Auf das gute Netzwerk verwies auch OB Florus, zumal Gemeinderat und Bürgerschaft hinter der Gaggenauer Gesundheitsstrategie stünden. Die Zusammenarbeit sei schon da, jetzt gelte es zu optimieren.

Ein vom Sender eingespielter Beitrag stellte das Gesundheitszentrum des Benzwerkes vor und präsentierte den mit Abstand größten Arbeitgeber Gaggenaus als vitale Fabrik. Personalchef Hauer von Protektorwerk Maisch verwies auf das Sportangebot in seiner mehr als 400 Mitarbeiter umfassenden Firma. Auch gebe es hier Kooperationen mit Fitnessstudios. Das Forschungslabor Gesundheitsstrategie sei sehr spannend, man wolle mitmachen, zumal man jeden Mitarbeiter brauche. Es gelte, Krankheiten vorzubeugen und die Fitness zu steigern. Vom Netzwerk der Gesundheitsstrategie verspricht er sich vor allem Knowhow. Bürgermeister Binnig aus Michelfeld bemerkte, dass man in seinem Ort 2010 in die kommunale Gesundheitsprävention eingestiegen sei – mit Bewegungsförderung bei den ganz kleinen Erdenbürgern. Das habe auch in die Elternhäuser hineingespiegelt. Der 3.800 Einwohner zählende Ort habe einen Gemeindeentwicklungsplan erstellt, heute fänden vierteljährliche Treffen statt. „Höhen und Tiefen werden durchlaufen.“ Bei den zielgerichteten Maßnahmen sei die fachwissenschaftliche Begleitung (durch das Team von Professor Fischer) sehr wichtig. Die nächste Stufe werde die Evaluation der Maßnahmen in den Schulen sein, was Ernährung und Bewegung betrifft.

 

Spaß und Freude statt Leistungsdenken

Zeitungsredakteur Juch zeigte sich skeptisch, was die Umsetzung der Gaggenauer Gesundheitsstrategie angeht. So habe es vor ein paar Jahren In Forbach das Projekt „Lebensqualität durch Nähe“ gegeben, das zunächst abgeflaut und dann im Sand verlaufen sei. Kirchenvorsitzende Walter hingegen findet das Projekt sehr interessant und mit Unterstützung der Kommune sehr gut vernetzt. Ohne diese Grundlage hätte das Projekt keine Zukunft. Wichtig seien Treffen und der gegenseitige Austausch mit allen Generationen im Blick. Ein weiterer eingespielter Beitrag beschrieb das Leben im Gerhard-Eibler-Haus der Gaggenauer Altenhilfe, wo Leben und Wohnen im Vordergrund stehen. Gesamtleiter Koch nannte als Ziel „Normalität und Eigenverantwortung so lange wie möglich“. Alt und Jung zusammenzubringen sei zudem ein Ziel des Helmut-Dahringer-Hauses, wo es bereits eine Schulmensa gibt und auch ein öffentliches Restaurant entstehen soll.

„Gesundheit und Lebensqualität zusammenzubringen ist ansteckender als eine Viruserkrankung“, spitzte Professor Fischer die Thematik zu. Es gehe darum, Lebensgewohnheiten zu ändern und innere Lust an der Bewegung zu finden. Auch in Michelfeld stehe der Spaßfaktor im Vordergrund. Mit Blick auf Fitness und Gesundheit habe man vor sechs Jahren einen Kinderturntest plus eingeführt, um Beweglichkeitsentwicklung nachzuvollziehen. „Gemeinsam in Bewegung“, laute die Devise. So treffe sich einmal die Woche die Generation 50 plus im Pfarrhof, um gemeinsam Freude an der Bewegung zu haben, was eine große Rolle beim Erfolg spiele – mehr als Leistung. „Weg vom Leistungsdenken“, appellierte auch Professor Fischer. Kinder und Erwachsene sollten sich wohlfühlen beim Bewegen und Spaß dabei empfinden. Wichtig beim Bewegen sei auch der soziale Kontext, in dem es stattfinde. OB Florus plädierte für Geduld. Alle Beteiligten arbeiteten in Richtung familienfreundlicher Kommune, was heiße: „Lebensqualität erhalten und verbessern.“

Wer die Sendung im Wortlaut nachhören will, kann die betreffende Audiodatei bis 14. Dezember 2017 unter nachfolgendem Link aufrufen:

http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2017/06/07/gaggenau_wird_zum_forschungslabor_fuer_ein_besseres_leben_dlf_20170607_1010_6e17be70.mp3

Siehe auch: http://www.deutschlandfunk.de/podcast-laenderzeit.880.de.podcast.xml

 

Gaggenauer Gesundheitsstrategie

Mit der Gaggenauer Gesundheitsstrategie ist 2016 ein Zukunftsprojekt für ein gesundes und lebenswertes Gaggenau angestoßen worden. Sie betrifft alle Lebensphasen und erfasst die dazu relevanten Lebenswelten. Ziel der Gesundheitsstrategie ist mehr Lebensfreude und bessere Gesundheitschancen von der Geburt bis ins hohe Alter. Der Fokus liegt zunächst auf der Erhebung des Istzustandes bei den bis zu Sechsjährigen, den Schulen, der Arbeitswelt und den Senioren. Unterstützt und begleitet wird die Stadt dabei von namhaften Wissenschaftlern aus einem weltweiten Netzwerk mit Schwerpunkt an der Universität Heidelberg. Das Mannheimer Institut für Public Health der Universität Heidelberg unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Fischer koordiniert diese Begleitung. Vom Land Baden-Württemberg wurden für das Projekt Forschungsgelder im Rahmen der Sonderlinie Medizin bewilligt. In der Gemeinderatssitzung am 15. Juni 2016 war über die Gaggenauer Gesundheitsstrategie informiert worden.