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Die Familienstiftung von Bürgerpreisträger Herbert Walterspacher engagiert sich vor allem in Äthiopien. Foto: Walterspacher

Zum zehnten Mal besuchte der ehrenamtliche Vorstand der Stiftung „Pro fratre et amico“ Äthiopien: Gemeinsam mit seinem Sohn, Pfarrer Ralph Walterspacher, war Herbert Walterspacher in der zweiten Januarwoche dieses Jahres auf Inspektionsreise in Badessa (im Süden des Landes) und in Alemtena, der Kernstation der Stiftung in der Provinz Arsi (etwa 330 Kilometer von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt).

Die Familienstiftung mit dem Namen „Pro fratre et amico“, das heißt sinngemäß übersetzt: „Setz dein Geld ein für deinen Bruder und Freund und lass es nicht rosten unter einem Stein“, ist gemeinnützig und mildtätig aktiv. Unter diesem Motto wurde die Stiftung 2006 gegründet und wird bis heute von dem ehrenamtlichen Vorstand Herbert Walterspacher geführt. Zielsetzung der Stiftung ist unter anderem die Förderung von Projekten im In- und Ausland in den Bereichen der Jugend-, Alten- und Entwicklungshilfe. Schon von Beginn an legte der Stiftungsvorstand seinen Unterstützungsschwerpunkt auf Äthiopien, um dort mit Hilfe der Steyler Missionsschwestern vornehmlich Kindern, Kranken, Frauen und Alten zu helfen.

Angespannte Lage in Äthiopien

Die diesjährige Reise war schon im Vorfeld überschattet von dem aktuellen politischen Geschehen im Land. So kam es zu massiven Protesten – vornehmlich im Norden, dem Amhara-Gebiet, und südlich von Addis Abeba, in dem Stammesgebiet der größten Bevölkerungsgruppe, den Oromo. Auslöser war neben der allgemeinen politischen Unzufriedenheit mit dem herrschenden System die Landpolitik der Regierung („Land-Grabbing“, das heißt die teilweise illegitime oder illegale Aneignung von Land). Der Aufstand wurde mit Hilfe des Militärs niedergeschlagen – es gab über 940 Tote und ein bis heute anhaltender Ausnahmezustand.

Walterspacher erläutert:

„Da unsere Reiseziele in dem Oromo-Gebiet liegen, war es für uns bis Anfang November unsicher, ob die Reise angetreten werden kann. Auch waren die Kommunikationsmöglichkeiten eingeschränkt; das Internet wurde zeitweise abgeschaltet und ist nun seit Anfang Juni im ganzen Land total lahmgelegt. Nachdem wir uns bei den Schwestern und über das Auswärtige Amt erkundigt hatten, traten wir die Reise an. Gleich nach unserer Ankunft morgens um 6:30 Uhr ging es nach einer kurzen Frühstückspause im Schwesternhaus in Addis Abeba weiter nach Badessa – rund 600 Kilometer teils über gute Straßen, teils über Schotterpisten. Am späten Nachmittag kamen wir auf der Station an und nahmen gleich das Umfeld in Augenschein.

Hilfe für Schul- und Kindergartenbetrieb

Wir besuchten am nächsten Tag draußen in den Dörfern unseren alten Bekannten Job mit seiner Familie. Von schweren Schicksalsschlägen gezeichnet, wird er von uns seit Jahren unterstützt. Er freute sich sehr über unseren Besuch und zeigte uns voller Stolz sein – mit unserer Hilfe – errichtetes „Haus“. Weitere Stationen unseres Besuches waren Galcha Sake (mit unserem Schul- und Wasserversorgungsprogramm) sowie Anka Shashara (mit unserem Schulprogramm samt landwirtschaftlicher Unterstützung), wo wir uns über die dortigen Aktivitiäten informierten. Am dritten Tag fuhren wir nach Alemtena – unserer Basisstation seit nunmehr zehn Jahren. Die etwa 400 Kilometer lange Strecke war gesäumt von ausgebrannten Lastwagen und Bussen. Uns wurde berichtet, daß vor allem Bewohnern, die nicht dem Oromo-Stamm angehörten, sehr zugesetzt wurde. So wurde Hütten geplündert, teilweise samt Feldern niedergebrannt und die Bewohner vertrieben. Einer der Schwerpunkte dieser Auseinandersetzungen war auch die Gegend um Alemtena. Wir waren voll Sorge über den Bericht der Schwestern.

Zu unserer großen Erleichterung hörten wir, daß die Station und vor allem der Kindergarten und die Schule nicht betroffen waren. Zwar wurde der Schul- und Kindergartenbetrieb in der kritischen Phase für eine Woche eingestellt, aber es kam zu keinen Zwischenfällen auf der Station. Umso erfreulicher war die Entwicklung der Schule im vergangenen Jahr. Inzwischen unterstützen wir über 350 Schüler, indem wir deren Lernmittel, teilweise die Schuluniformen und zunehmend auch die Mittagsmahlzeit finanzieren. Ferner nimmt das größte Volumen der Unterstützung die Finanzierung der Lehrkräfte ein. Unsere Stiftung finanziert den Schul- und Kindergartenbetrieb mit über 50 Prozent der anfallenden Kosten. 2017 wird die Schule um zwei weitere Klassen erweitert, hat dann als vollwertige Elementarschule acht Klassen und ist berechtigt Abschlußprüfungen abzunehmen. Erfreulich ist die Einstellung einer sehr engagierten Sozialarbeiterin, die sich neben den schulpsychologischen Belangen auch um die Kinder (und deren Familien) in den verschiedenen Entwicklungsstadien kümmert. Dabei werden Themen wie Beschneidung von Mädchen, Missbrauch, familiäre Not nicht ausgespart.

Thema Hunger leider wieder aktuell

Außerdem hatten wir auch unsere weiteren Projekte im Blick. So ist es uns ein Anliegen, die Krankenstationen in Alemtena und Waragu zu unterstützen. In allen vier Stationen im Land (Waragu und Chole im östlichen Landesteil) haben wir den Fokus auch auf die Bildung und Weiterentwicklung von Frauen gerichtet. Neben Einkommensverbessungsprogrammen (sogenannte Mikro-Kredite), der Unterstützung alleinstehender/-erziehender Frauen und in Waragu der Unterstützung einer „ökumenischen“ Altengruppe ( über 40 alte Menschen christlichen und moslemischen Glaubens treffen sich monatlich) helfen wir auch punktuell in Notlagen. So ist derzeit das Thema Hunger wieder aktuell. Zwar ist die Region, in der wir tätig sind, nicht unmittelbar betroffen, aber in den Landesteilen, wo in den vergangenen Monaten der Regen ausblieb, machen sich Hunger und Mangelernährung (insbesondere bei Kindern) bemerkbar.

Auch für 2017 haben wir für die unterschiedlichen Projekte einen beachtlichen Förderbetrag in Aussicht gestellt. Er wird in zwei Tranchen den Schwestern bereitgestellt und nach einer detailliert besprochenen Vergabe verteilt. Das alles wird jährlich bei unserer Visite überprüft. So werden auch im Januar 2018 der ehrenamtliche Vorstand Herbert Walterspacher mit den Söhnen Pfarrer Ralph Walterspacher und Dr. med. Stephan Walterspacher nach Äthiopien reisen. Diese Inspektionsreisen belasten das Budget der Stiftung nicht.

Spende der Bad Rotenfelser Dorfgemeinschaft

Die von der Stiftung begleiteten Initiativen sind natürlich nur möglich, wenn die ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. In den vergangenen zehn Jahren ist es immer wieder gelungen, uns der Unterstützung von vielen Einzelspendern, aber auch Großspendern zu versichern. Neben einer ebenfalls gemeinnützig und mildtätig orientierten Stiftung aus Baden-Baden, die uns seit einigen Jahren begleitet, durften wir insbesondere im vergangenen Jahr die große Solidarität der Bad-Rotenfelser Dorfgemeinschaft erfahren. Im Rahmen der 975-Jahr-Feier haben die katholische Kirchengemeinde St. Laurentius und die Bad Rotenfelser Vereine sich entschlossen, uns mit einer namhaften Spende zu unterstützen. Wir durften den Gesamtbetrag von über 16.000 € entgegennehmen und konnten somit den Finanzbedarf auch zu einem Teil für 2017 sichern. Dafür allen Spendern und besonders der Bad Rotenfelser Dorfgemeinschaft unser herzlicher Dank. Wir haben dieses Engagement nicht nur den Schwestern, sondern auch den Kindern in Alemtena vermittelt. So gehen wir voll Zuversicht und Gottvertrauen in das zweite Jahrzehnt und hoffen auf weiterhin großzügige Unterstützung und Begleitung.“