01.08.24
Von einer historischen Veranstaltung, einem emotionalen Moment und einem bedeutsamen Tag für Gaggenau war am Dienstagabend mehrfach in der Jahnhalle die Rede. Der Grund: 42 Frauen und Männer unterzeichneten die Satzung der Genossenschaft City Kaufhaus und bereiteten damit den Weg für ein neues Kapitel des City Kaufhauses und für die Zukunft der Innenstadt. „Wir brauchen das Kaufhaus als Magneten für die Innenstadt“, machte Oberbürgermeister Michael Pfeiffer unmissverständlich klar, dass die drohende Schließung auch die Innenstadt geschwächt hätte.
Umso mehr freute er sich, dass aus der Idee, die im Gespräch mit Mitarbeiterinnen des Kaufhauses geboren wurde, nun ein solches Erfolgsprojekt wurde. Nicht nur er, sondern auch die künftigen Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder zeigten sich von der Resonanz der Bevölkerung begeistert. Dass innerhalb von nur vier Wochen Unterstützungserklärungen von über 800 000 Euro abgegeben wurden, sei überwältigend gewesen und ein Zeichen dafür, welche Bedeutung das Kaufhaus für viele Menschen hat. Mittlerweile sind bereits 870 000 Euro auf das Treuhandkonto der Stadt überwiesen worden, berichtete Pfeiffer bei der Gründungsversammlung. Für fast eine Million Euro liegen Zusagen vor.
42 Personen sind Gründungsmitglieder
Zu dieser Versammlung hatten sich rund 50 Interessierte angemeldet. Allen, die Unterstützungserklärungen gezeichnet hatten, war Ende Juni ein Informationsschreiben zum weiteren Prozedere der Genossenschaftsgründung zugegangen. Danach hatten sich mehr als 40 Personen bereit erklärt, als Gründungsmitglieder die Genossenschaft auf den Weg zu bringen. Manche von ihnen meldeten sich sogar für Tätigkeiten im Aufsichtsrat und Vorstand.
So standen am Dienstagabend ausreichend Kandidaten für die Posten im Aufsichtsrat und Vorstand zur Verfügung. „Es ist wirklich sehr besonders, dass wir so viele kompetente Menschen mit Erfahrung für die verschiedenen Funktionen gewinnen konnten“, freute sich Oberbürgermeister Pfeiffer. Versammlungsleiter Rupert Felder hatte im Rahmen der Vorstellung der Satzung auch die Aufgaben der einzelnen Organe erläutert. So habe der Vorstand die operative Leitung inne und führe damit die Geschäfte. Den Aufsichtsrat bezeichnete er als „Überwachungsorgan“, das im Auftrag der Mitglieder die Arbeit überwacht und den Jahresabschluss zu prüfen hat. Dieser werde im Übrigen zusätzlich von Wirtschaftsprüfern genauestens unter die Lupe genommen. Damit besteht für die Mitglieder zusätzliche Sicherheit, erläuterte Felder. Der Aufsichtsrat benennt und beruft zudem den Vorstand.
Jedes Mitglied hat eine Stimme
Die Mitglieder entscheiden unter anderem über die Gewinne, auch wenn es vorrangig bei der nun erfolgten Genossenschaftsgründung nicht um Gewinne gehe. „Wichtig ist, dass da Kaufhaus erhalten bleibt, für die Stadt und auch für die Mitarbeiter.“
Dabei sei zudem wichtig zu wissen, dass jedes Genossenschaftsmitglied eine Stimme habe, unabhängig davon, wie viele Anteile vom einzelnen gezeichnet wurden. Und welche Pflichten hat das einzelne Mitglied? „Ihre Aufgabe ist es allein, das Kaufhaus zu unterstützen, also viel einkaufen zu gehen“, erklärte er augenzwinkernd. Die Zeugen der historischen Veranstaltung, wie Felder die 42 Gründungsmitglieder bezeichnete, unterschrieben schließlich die besprochene Satzung und wählten en bloc und in offener Abstimmung die sieben Aufsichtsratsmitglieder. Auf diese Zahl hatten sich die Anwesenden zuvor ebenfalls einstimmig verständigt. Gewählt wurden: Oberbürgermeister Michael Pfeiffer, Bürgermeister Andreas Paul, Verena Bittmann, Andrea Maisch, Paul Rodenfels, Dr. Heike Röhlen und in Abwesenheit Brigitte Schäuble. Das neue Gremium zog sich dann zu einer ersten kurzen Sitzung zurück, um den Aufsichtsratsvorsitzenden zu wählen und den Vorstand zu benennen. Aufsichtsratsvorsitzender wird Andreas Paul sein, die Stellvertretung übernimmt Michael Pfeiffer. Den Vorstand bilden Ralf Jungfermann, Wolf-Dieter Bühler sowie Jürgen Mäder.Vorsitzender Jungfermann hat bereits einige Geschäfte in verschiedenen Branchen geführt, Bühler war bei der Sparkasse unter anderem für Unternehmensübergaben zuständig und Mäder ist Vorstandsmitglied von EDEKA Südwest, die ebenfalls genossenschaftlich organisiert ist. „Dieser Vorstand ist ein Glücksfall“, freute sich der frisch gebackene Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Paul. Der Vorstand wird ehrenamtlich aktiv sein und deshalb noch einen hauptamtlichen Geschäftsführer bestellen. Die neuen Verantwortlichen beider Gremien stellen sich am Freitagabend (2.8.2024) auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kaufhauses vor.
Wie geht es nun weiter?
Aktuell wird der Wirtschaftsplan erarbeitet. Diesen hat die Stadt Gaggenau in Vorleistung für die künftige Genossenschaft in Auftrag gegeben. Es wird damit gerechnet, dass dieser bis Ende August vorliegt, sodass dann alle Unterlagen an den Genossenschaftsverband gegeben werden können, der diese prüfen wird. Bis Ende des Jahres soll der Eintrag ins Genossenschaftsregister erfolgen. Die Genossenschaft soll dann den Betrieb des Kaufhauses im neuen Jahr übernehmen. Im Spätjahr wird es eine weitere Informationsveranstaltung für alle Interessierten geben.
Jeder, der möchte, kann noch Unterstützungserklärungen abgeben und Anteile auf das Treuhandkonto bei der Stadt Gaggenau überweisen.
Mehr Informationen: www.gaggenau.de/lebendiges-kaufhaus