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Das vom Aussterben bedrohte Braunkehlchen.
© Jörg Rathgeber

02.11.22 

Bebauung, Änderungen in der Intensität der Landnutzung und weitere Faktoren führen zur Zerschneidung von Biotopen, die als Lebensraum vieler gefährdeter Tier- und Pflanzenarten dienen. Aus diesem Grund hat sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 auf mindestens 15 Prozent des Offenlands der Landesfläche einen funktionalen Biotopverbund zu etablieren. So soll ein Netz räumlich und funktional verbundener Biotope bewahrt, wiederhergestellt oder neu geschaffen werden, um die Vorkommen der heimischen Arten sowie deren Habitate dauerhaft zu vernetzen und zu sichern. Die Kommunen sind dabei verpflichtet, auf Grundlage des Fachplans lokale Biotopverbundpläne zu erstellen. Über die Ziele und Vorgehensweise informierte vergangene Woche der Biotopverbundbotschafter Malte Wolff vom Landschaftserhaltungsverband Rastatt den Gemeinderat. Er unterstützt die Kommunen bei der Ausschreibung der Biotopverbundplanung und berät bei der Antragstellung von Fördermitteln.

 

Welche Chancen bietet der Fachplan für Gaggenau?

Der Fachplan bietet Gaggenau die Möglichkeit, für den Biotopverbund wertvolle Flächen zu sichern. Im Flächennutzungsplan oder in den Bebauungsplänen sowie Grünordnungsplänen werden Flächen für den Biotopverbund rechtlich gesichert. Im Zuge der Eingriffsregelung können Maßnahmen für den Biotopverbund als Kompensation genutzt werden. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen können mit Hilfe des Ökokontos dokumentiert und verwaltet werden, um sie dann einem Eingriff zuordnen zu können.

Um den Ausbau des Biotopverbunds bis 2030 zu fördern, hat das Land zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt. Gefördert werden können Planungskosten einer Biotopverbundplanung mit 90 Prozent und Umsetzungsmaßnahmen mit bis zu 70 Prozent.

Gaggenau will noch in diesem Jahr einen Förderantrag beim Landschaftserhaltungsverband stellen und den Auftrag für die Planung im Jahr 2023 vergeben. Die Projektlaufzeit ist mit bis Ende 2024 angesetzt.

 

Welche Ziele werden verfolgt?

Der Fachplan „Landesweiter Biotopverbund“ bildet die Grundlage zur Umsetzung auf lokaler Ebene. Ausgangspunkt sind Kernflächen, die als Lebensräume wertvoller Tier- und Pflanzenarten einen Schutzstatus genießen, beispielsweise geschützte Biotope oder besondere Artvorkommen. „Durch sogenannte Suchräume zwischen den Kernflächen sind Bereiche definiert, die sich grundsätzlich für die Entwicklung von Verbundstrukturen als Trittsteine eignen können, damit Arten weiter entfernt liegende Lebensräume erreichen können“, erklärt Malte Wolff. So soll sichergestellt werden, dass der Biotopverbund über die Gemarkungsgrenzen gewährleistet wird und die Situation sowie die Möglichkeiten für den Biotopverbund in den Nachbargemeinden einbezogen werden.

Bei den Planungen werden potenzielle Flächen vor Ort auf Zustand und Möglichkeiten der Aufwertung hin überprüft. Im Ergebnis liefert dann eine Biotopverbundplanung Maßnahmenvorschläge für den Verbund von Lebensräumen auf dem Gemeindegebiet. Die Erstellung einer solchen Planung soll durch verschiedene Akteure begleitet werden, von Behörden über Naturschutzverbände und Landwirte bis hin zu interessierten Bürgern.

In der heutigen Kulturlandschaft sind die meisten Lebensräume von einer bestimmten Bewirtschaftungsform abhängig. Artenreiche Wiesen, die nicht gemäht oder beweidet werden, verlieren ihre typische Zusammensetzung, es wachsen vermehrt Gehölze und langfristig entsteht ein Wald. Bevor es soweit kommt, kann Mahd oder Beweidung diesen Lebensraum erhalten. Vernachlässigte Streuobstwiesen können ebenfalls zuwachsen und stehen einer Vielzahl an Insekten und Vögel nicht mehr als Lebensraum zur Verfügung. Feldgehölze und Hecken, die für stark gefährdete Feldvögel und bodenbrütende Vögel abschreckend wirken, können durch eine fachgerechte Pflege für diese Arten wieder attraktiv werden.

 

Fördermöglichkeiten für Landwirte

Teilweise sind es nicht mehr bewirtschaftete Flächen, die zum Verlust von Lebensräumen und deren Zerschneidung beitragen. Das bedeutet, der Nutzung der Flächen kommt eine Schlüsselrolle zu und damit in hohem Maße auch der Landwirtschaft. Aus diesem Grund bestehen für Landwirte Fördermöglichkeiten. Aber auch Vereine und Privatpersonen können für Maßnahmen zum Erhalt der Kulturlandschaft und des Naturschutzes gefördert werden. Der Biotopverbund bietet damit die Möglichkeit, für einige nicht mehr genutzte Flächen wieder eine Bewirtschaftung zu organisieren. Gleichzeitig können Ausgleichs- und Ersatz- sowie Ökokontomaßnahmen ebenfalls zur Entwicklung des Biotopverbundes beitragen.