Helmut Böttcher, einer der Autoren des Buches über das Sicherungslager, erläutert die ehemalige Lageraufteilung.
Helmut Böttcher, einer der Autoren des Buches über das Sicherungslager, erläutert die ehemalige Lageraufteilung.
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Gefangenen- und Sicherungslager Rotenfels

Die Reste der im Kurpark Bad Rotenfels sichtbaren Grundmauern gehören zu einem Gebäudekomplex aus vier Gebäuden (darunter zwei Gefangenenbaracken für ausländische Fremdarbeiter, ein Gebäude mit Küche und Vorratskammer sowie die Baracke des Lagerkommandanten und der Wache). 1938 von der Wehrmacht zur Lagerung der Ausrüstung des Landwehrbataillons erstellt, dienten sie ab April 1942 zur Unterbringung ausländischer Fremdarbeiter (Zivilarbeiter, Kriegsgefangene), die bei der heimischen Industrie und Landwirtschaft eingesetzt wurden.

Ende März 1944 erfolgte eine Erweiterung des Barackenlagers, um zusätzliche Gefangene aufnehmen zu können.

Als sich die alliierten Truppen dem Elsass immer weiter näherten, wurden von Juli bis Ende November 1944 die Häftlinge des Sicherungslagers Vorbruck in Schirmeck im Elsass auf die Außenlager Rastatt, Haslach und Rotenfels mit Unterlager Sulzbach verlegt. In Rotenfels wurden diese im neuen Lagerkomplex neben dem bereits bestehenden Gefangenenlager untergebracht.

Beim ersten schweren Luftangriff am 10. September 1944 auf die Stadt Gaggenau sind einige der neuerstellten Baracken durch Bomben getroffen worden und niedergebrannt. Um die Unterbringung der Häftlinge aus dem Sicherungslager einigermaßen zu gewährleisten, wurden die danebenliegenden zwei Baracken des Gefangenenlagers geräumt und die Insassen, meist italienische Kriegsgefangene, auf andere Lager verteilt. Bei dem zweiten Luftangriff  am 3. Oktober 1944 auf Gaggenau wurden die zwischenzeitlich wieder aufgebauten Baracken im Sicherungslager abermals zerstört.

Trotz aller Bemühungen nach den beiden großen Luftangriffen auf Gaggenau die Häftlingstransporte aus dem Elsass komplett auf andere Lager umzuleiten, waren bei einer Aufnahmekapazität von 620 Personen in den Hochzeiten Oktober und November 1944 bis zu 1400 Häftlinge in beiden Lagern inhaftiert, davon bis zu 200 Frauen, die auf dem Gelände abgetrennt in einer eigenen Baracke untergebracht waren. Der letzte Transport traf am 23. November 1944 im Sicherungslager Rotenfels ein.

Die Insassen hausten unter unvorstellbaren Bedingungen. Neben Mangelernährung hatten sie unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen, die Läuse, Flöhe und Wanzen anzogen, zu leiden.

Bei den Insassen handelte es sich um Franzosen, Deutsche, Italiener, Polen, Russen, Niederländer, die als politische Häftlinge, Strafgefangene oder Kriegsgefangene einsaßen, sowie um amerikanische und britische Soldaten, die im Elsass gefangen genommen und als Terroristen eingestuft worden waren.

Am 25. und 30. November sowie am 1. Dezember 1944 wurden in der Nähe des Gaggenauer Waldfriedhofs, im Gewann Erlich, vier amerikanische und sechs britische Soldaten und Offiziere, 13 französische Zivilisten und vier unbekannte Zivilisten (drei Männer und eine Frau) auf der Grundlage des noch gültigen „Führer-Befehls“ vom 18. Oktober 1942 von der Lagerpolizei des Sicherungslagers Rotenfels erschossen und in zwei sich dort befindlichen Bombenkratern verscharrt.

Zur Aufklärung der Verbrechen wurde nach dem Krieg eine amerikanische, britische und französische Untersuchungskommission eingesetzt, unterstützt durch den kommunistischen Gaggenauer Bürgermeister Heinrich Focken (1945-1946), der während des Krieges selbst in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert war.

Im Erlich konnten bis auf vier unbekannte Zivilpersonen, die auf dem Waldfriedhof Gaggenau beigesetzt sind, alle Erschossenen identifiziert und in ihre Heimatländer überführt werden.

Die hinter der Frauenbaracke des Sicherungslagers bei einem Fluchtversuch am 10.  September 1944 erschossenen und in einem Bombenkrater verscharrten, unbekannten Insassen wurden auf dem Rotenfelser Friedhof „Ehrengräber für KZ-Opfer“ beigesetzt – wie auch die ursprünglich neben dem Rotenfelser Friedhof Bestatteten, die wegen fehlender Papiere nicht auf dem Friedhof beigesetzt werden durften.

In der Zeit von April 1942 bis April 1945 verloren nach dem örtlichen Sterberegister 96 ausländische Fremdarbeiter, Widerstandskämpfer und Kriegsgefangene durch Unfall, Krankheit und Exekution in Gaggenau ihr Leben - allein 67 im Sicherungslager Rotenfels. Wie viele Menschen hier tatsächlich insgesamt gestorben sind, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.