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Vor dem Rotenfelser Bauernhof Merkel finden sich derzeit viele bunte Transparente.
© Stvw.

10.07.2021

Viele bunte Transparente vor dem Bad Rotenfelser Bauernhof Merkel dokumentieren derzeit die Verbundenheit von Kunden und Rotenfelsern zu dem landwirtschaftlichen Betrieb. Auch die Stadt Gaggenau hat ein großes Interesse daran, dass der Bauernhof mit Direktvermarktung eine Zukunft hat.

„Uns liegt die Unterstützung des Betriebes und vor allem auch dessen Zukunftssicherung sehr am Herzen“, erklärt Bürgermeister Michael Pfeiffer. In den vergangenen Tagen sei der Eindruck entstanden, dass die Stadt die Erweiterung des Bauernhofes verhindern würde. Dem sei nicht so, betont der Bürgermeister und berichtet von zahlreichen Gesprächen mit dem Ehepaar Susanne und Thomas Merkel. „Wir haben gerade, um bürokratische Hürden abzubauen, schon sehr viele Gespräche und Verhandlungen geführt“, verweist Pfeiffer unter anderem darauf, dass er in der Angelegenheit auch in Kontakt mit Regierungspräsidentin Sylvia Felder, wie auch dem Landtagsabgeordneten Jonas Weber war, um Lösungen zu finden, die für den Bauernhof, wie auch für die Stadt tragbar seien. Viele Gespräche gab es zudem mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Landwirtschaftsamt. „Alle haben sich engagiert und versucht Lösungen zu finden.

 

Zum Hintergrund

Im Jahr 2014 fasste der Gaggenauer Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Schiffersgründel“, um dem Wunsch nach weiterer Baufläche im Stadtteil Bad Rotenfels Rechnung zu tragen. Drei Jahre später äußerte die Landwirtsfamilie Merkel den Wunsch, dass sie ihren Betrieb erweitern möchte. Geplant ist eine etwa 600 Quadratmeter große Halle, um Heu für die Tiere einlagern und Maschinen abstellen zu können. Die Zahl der Mutterkühe und Masttiere soll zudem erhöht werden. Für deren Unterbringung soll ein zusätzlicher Stall mit einer Grundfläche von ca. 1.335 Quadratmeter errichtet werden. Den Antrag auf Erweiterung reichten die Merkel schließlich offiziell am 25. November 2019 ein.

Um einerseits dem Wunsch der Merkels nach Erweiterung und andererseits den Wohnraum-Planungen Rechnung tragen zu können, wurde nach einem alternativen Standort gesucht. „Leider hat sich keine Tauschfläche gefunden“, erklärt die Stadt, dass deshalb das ursprüngliche Baugebiet um sieben Wohneinheiten verkleinert wurde. Da es bereits zu diesem Zeitpunkt Beschwerden bei der Stadt Gaggenau zu Geruchsbelästigungen gab und auch rechtlich ein Immissionschutzgutachten notwendig ist, wurde ein solches in Auftrag gegeben. Die Kosten übernahm die Stadt, um die Familie Merkel zu entlasten. Ebenso übernahm die Stadtverwaltung die Kosten für zwei weitere erforderlich Gutachten im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens.

Im vergangenen Jahr 2020 lief das Genehmigungsverfahren mit Anhörungen weiterer Behörden, wie beispielsweise die Untere Naturschutzbehörde und das Landwirtschaftsamt. Zu klären war beispielsweise die Frage nach dem Umgang mit Geruchsimmissionen sowie der naturschutzrechtliche Eingriff. Da die Familie aus Kostengründen Recyclingmaterial verwenden möchte, mit dem eine Fläche von rund 1.200 Quadratmeter befestigt werden soll und zusammen mit dem Bau des Stalls mit angeschlossener Mehrzweckhalle somit viel Fläche versiegelt wird und damit ein Eingriff in das Schutzgut Boden erfolgt, ist eine Ausgleichsmaßnahme erforderlich. Um diese Forderung des Landratsamtes erfüllen zu können, bot die Stadt Gaggenau dem Landwirt den Ausgleich in Form von Ökopunkten an. Diese hat die Stadt durch die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle erworben und stehen in deren
Ökokonto zur Verfügung. Die erforderliche Anzahl an Punkten wurde für die Familie Merkel bereits reserviert. „Wir haben angeboten, dass der Kauf der Ökopunkte mit Pflegearbeiten über drei Jahre im Ittersbachtal abgegolten werden können“, erklärt Bürgermeister Pfeiffer. „Wir haben zudem den Gemeinderat gebeten, der Familie durch verschiedene Angebote finanziell entgegenzukommen.“

Auch der Gemeinderat hat sich offen für die verschiedenen Maßnahmen zur Unterstützung der Merkels, die die Stadtverwaltung unterbreitet hat, gezeigt und immer wieder betont, dass sie das Projekt nach Kräften unterstützen wollen. Mehrfach wurden diese Angebote den Hofbesitzern mitgeteilt, ohne eine Rückmeldung dazu zu erhalten. Nach jüngsten Aussagen will die Familie die Finanzierung nun ohne städtische Unterstützung stemmen. „Wir stehen weiterhin hinter unserem Angebot, den Hof zu unterstützen, damit er sich erweitern kann“, betont Michael Pfeiffer. Dazu hat die Stadt auch bereits einige Finanzmittel investiert und Einbußen hingenommen, wie Übernahme der Kosten für verschiedene Gutachten, Verkleinerung und Verzögerung des Baugebietes. Auch künftige Kosten wäre die Stadt bereit zu tragen.

Die Baugenehmigung hat der Betrieb bereits im Oktober 2020 erhalten. Anfang des Jahres wurde noch eine Änderung am Stallgebäude beantragt und zeitnah bewilligt. Die Baufreigabe steht noch aus. Es fehle in baurechtlicher Hinsicht lediglich noch die Bauleitererklärung und die Prüfstatik. Eigentlich beides eine Formsache. Nach Informationen der Stadt hängt das Verfahren derzeit, weil die Finanzierung des Projektes noch nicht geklärt ist. Dies vor allem auch deshalb, weil dem Bauherrn wohl nicht bekannt war, dass er bei einer Flächenversiegelung zu Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet ist. „Sobald die beiden Nachweise vorliegen und sich Familie Merkel entschieden hat, ob sie Ökopunkte kaufen möchte oder durch Pflege verrechnen möchte, gibt es den roten Punkt (Baufreigabe), erklärt die Stadt abschließend.