Aktuelles
Die Zukunft des City-Kaufhauses lockte viele interessierte Bürger in die Jahnhalle.
© Stadt Gaggenau

24.04.24

Über 400 Personen kamen am Mittwochabend in die Jahnhalle, um sich über die Gründung einer Genossenschaft zur Zukunft des City-Kaufhauses zu informieren. „Dieses überwältigende Interesse zeigt wie wichtig das Kaufhaus für Gaggenau ist“, stellte Oberbürgermeister Michael Pfeiffer bei der Begrüßung fest.

Er fasst nochmals kurz zusammen wie es zu der Projektidee gekommen war. Nachdem die beiden derzeitigen Geschäftsführer angekündigt hatten, das Kaufhaus zum Jahresende schließen zu wollen, war die Erschütterung in Gaggenau groß: Bei der Stadt, den Kunden aber auch der Belegschaft des Kaufhauses.

In einem Gespräch mit Mitarbeiterinnen entstand die Idee einer Genossenschaftsgründung. Danach ging alles sehr schnell. Die Stadt nahm Kontakt mit dem Eigentümer, dem Genossenschaftsverband wie auch einer Bank auf und prüfte mit den diesen, ob eine Genossenschaft denkbar wäre. „Wir haben positive Signale erhalten von allen Seiten“, stellte Pfeiffer fest. Die Vermieter gaben zudem etwas Zeit, um zu prüfen, ob die Idee realisierbar ist. Aus diesem Grund war es erklärtes Ziel der Stadt bis Ende Mai herauszufinden, ob es ausreichend Menschen gibt, die bereit wären, Anteile zu erwerben. Bis Mittwoch, 22. Mai, gab es bereits Zusagen über 2.400 Anteile in Höhe von jeweils 250 Euro. 3.000 Anteile waren das gesteckte Ziel. Diesem kommt man nun, nach der Veranstaltung, immer näher. „Wir sind mittlerweile sehr optimistisch, dass wir es schaffen, ausreichend Personen zu finden, die der Genossenschaft dann beitreten werden", freut sich Pfeiffer.

Bei der gut zweistündigen Veranstaltung wurden zahlreiche Fragen formuliert, die von dem Handelsexperten Martin Berghofer und dem ehemaligen Präidenten des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes Dr. Roman Glaser beantwortet wurden.

Sie werden nachfolgend in gekürzter Form wiedergegeben:

 

Warum werden 750.000 Euro benötigt?

Die Genossenschaft soll den Warenbestand im Kaufhaus übernehmen. Dafür wird mindestens diese Summe benötigt. Ein weiterer Warenanteil soll über Kredit finanziert werden.

 

Wie ist gesichert, dass 750.000 Euro ausreichen?

Der Betrag von 750.000 Euro wird das Eigenkapital bilden. Der Betrag kann auch höher sein, wenn mehr Mitglieder mehr Anteile zeichnen. Die Höhe des Eigenkapitals liegt in der Hand der Genossenschaftsmitglieder. Dazu kommt noch ein Kredit einer Bank, der geringer ausfallen wird, je höher der Eigenanteil ist.

 

Wird es eine Dividende für die Anteile geben?

Am Anfang sicherlich nicht. Die Dividende ist zunächst, dass das Kaufhaus am Leben gehalten werden kann. Wenn Überschüsse erwirtschaftet werden, was das grundsätzliche Ziel des Geschäftsbetriebes ist, werden diese zunächst als Rücklagen benötigt. Es wird aber exklusive Aktionen für die Mitglieder geben.

 

Wie ist der Zeitrahmen?

Wenn ausreichend Unterstützungserklärungen abgegeben werden, wird ein Geschäftsplan erstellt. Nur wenn dieser tragfähig ist, wird der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband einer Gründung zustimmen. Dabei wird auf der Basis des Geschäftsplanes vom Verband nach erfolgter Prüfung ein Gründungsgutachten erstellt.

 

Wann wird das Geld für die Anteile fällig?

Die Stadt Gaggenau wird in den nächsten ein bis zwei Monaten alle, die Unterstützungserklärungen unterschrieben haben, bitten, die Beträge auch zu überweisen. Bis zur Gründung der Genossenschaft wird das Geld treuhänderisch von der Stadt verwaltet. Sollte es nicht zu einer Genossenschaftsgründung kommen, weil der Genossenschaftsverband dieser nicht zustimmt, erhalten alle ihr Geld wieder vollständig zurück. Dafür bürgt die Stadt mit der Verwaltung des Treuhandkontos.

 

Wenn es mit der Genossenschaftsgründung länger dauert, schließt das Kaufhaus dann zum Jahresende?

Geplant ist ein nahtloser Übergang von den jetzigen Geschäftsführern an die Genossenschaft. Sollte dies aus zeitlichen Gründen nicht machbar sein, haben sich die derzeitigen Geschäftsführer bereit erklärt, den Betrieb für die nötige Übergangszeit weiterzuführen.

 

Gibt es schon Personen für den Vorstand/Geschäftsführung?

Nein. Über die Besetzung entscheidet der Aufsichtsrat. Die Stadt hält es aktuell für sinnvoll, mit zwei Personen zu starten. Denkbar wäre, dass Michael Meurers als erfahrener Geschäftsführer, der das Haus kennt, in der ersten Zeit mit dabei ist und gleichzeitig eine jüngere Person mit eingebunden wird, die dann übernehmen kann.

 

Welche Rechte und Pflichten habe ich als Genossenschaftsmitglied?

Die Mitglieder sind gemeinsam das höchste Organ und haben ein Recht auf einen jährlichen Rechenschaftsbericht sowie ein Auskunftsrecht. Vom Genossenschaftsverband gibt es zudem eine jährliche Prüfung. Alle drei Jahre wird ein neuer Aufsichtsrat gewählt.

 

Ist mein Geld sicher?
Die Insolvenzquote bei Genossenschaften liegt nahezu bei null. Es gibt keine absolute Sicherheit, aber eine relative Sicherheit dadurch, dass es einen Aufsichtsrat, eine jährliche Prüfung und die Begleitung durch eine Bank gibt.

 

Mit welchem Betrag hafte ich?

Jedes Mitglied haftet nur in der Höhe seiner erworbenen Anteile. Eine so genannte Nachschusspflicht wird es nicht geben.

 

Hat jemand mit mehr Anteilen mehr zu sagen?

Nein. Die Anzahl der Anteile spielt keine Rolle. Egal ob jemand 30 Anteile oder nur einen Anteil erwirbt – jeder hat nur eine Stimme.

 

Warum werden kaum Zahlen zur aktuellen Geschäftssituation veröffentlicht?

Es gibt auch Vertraulichkeitsrechte der jetzigen Geschäftsführer, die zu achten und zu wahren sind.

Das Kaufhaus macht jährlich etwa einen Umsatz von sechs Millionen Euro und einen Gewinn im sechsstelligen Bereich.

Genauere Zahlen können dann vorgelegt werden, wenn die Genossenschaftsgründung im Werden ist und der Geschäftsplan erarbeitet wird.

 

Steht das Kaufhaus also gut da?

Ja. Wäre die Geschäftsbilanz nicht ausreichend, hätte sie der Plausibilitätsprüfung durch den Genossenschaftsverband nicht standgehalten und die Stadt würde nicht versuchen, eine Genossenschaftsgründung anzustoßen.

 

Beinhaltet der Geschäftsplan auch eine Konzeptidee?

Ja, der Geschäftsplan wird sicherlich auch konzeptionelle Ideen beinhalten. Ein Kaufhaus lebt vom Wandel und muss sich immer wieder anpassen. Vor der Gründung der Genossenschaft wird das Geschäftskonzept allen Mitgliedern vorgestellt.

 

Welche Investitionen stehen am Kaufhaus an?

Das ist zweigeteilt. Einmal gibt es die Investitionen ins Gebäude, die der Vermieter übernehmen muss. Dazu zählt beispielsweise die notwendige Dachsanierung. Dann gibt es noch Investitionen in die Innenräume z.B. zur Präsentation der Ware. Diese müssen von der künftigen Genossenschaft übernommen werden.

 

Ist das Kaufhaus während der Investitionsmaßnahmen geschlossen?

Nein. Das Haus muss nicht für Sanierungsarbeiten geschlossen werden. Das kann im laufenden Betrieb geschehen. Es muss dann unter Umständen mit Einschränkungen gerechnet werden.