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Andrea Fabry
Fahrradfahren soll noch mehr Alltag werden.
© Andrea Fabry

23.10.2020

Wie sieht der Verkehr im Jahr 2030 in Gaggenau aus? Eine Frage, mit der sich in den vergangenen drei Jahren nicht nur Fachplaner und Stadtverwaltung, sondern auch Bürger intensiv in Fragebögen und Workshops auseinandergesetzt haben. Auf der Basis der Bestandsanalyse wurden von dem beauftragten Ingenieurbüro Vorschläge in Bezug auf die mögliche strategische Ausrichtung des künftigen Verkehrssystems, Szenarien der Verkehrsentwicklung, verkehrsplanerische Zielsetzungen sowie Handlungs- und Maßnah-menfelder erarbeitet. Bewertet wurden dabei die Verkehrssituationen von heute und die künftigen in den Bereichen Fuß- und Radverkehr, den öffentlichen Personennahverkehr sowie den ruhenden und fließenden Kfz-Verkehr. Am Montagabend wurden die bisherigen Ergebnisse dem Gemeinderat präsentiert.

Die Chancen für eine Verbesserung des Verkehrssystems werden strategisch insbesondere durch folgende zwei Punkte gesehen: Zum einen durch die Errichtung eines innerstädtischen ÖPNV-Systems als eigenständige städtische Marke und zum anderen durch die Optimierung des vorhandenen Radverkehrsangebots, was vor allem durch die zunehmende Marktdurchdringung von E-Bikes ausgebaut werden muss. Ergänzend wird eine Steigerung der Qualität und des Angebots des Verkehrssystems durch Optimierungen der vorhandenen Anlagen für den Fußgängerverkehr, insbesondere in Richtung Barrierefreiheit und die Förderung weiterer Mobilitätsangebote, möglich.

Eine strategische, konzeptionelle Verbesserungsmöglichkeit im Kfz-Verkehr wird als nicht erforderlich bzw. nicht möglich angesehen. Die vorhandenen Verkehrsmengen sind grundsätzlich bewältigbar und die Straßen nicht überlastet. Die Lichtsignalanlagen (LSA) sind, bis auf eine Ausnahme in der Schillerstraße, leistungsfähig. Die LSA werden zur Steuerung des Kfz-Verkehrs, aber auch für ein sicheres Queren für Fußgänger und Radfahrer, benötigt. Die LSA in der Bismarckstr./Waldstr. könnte allerdings zu einer Fußgängerschutzanlage zurückgebaut werden.

 

Wie entwickelt sich der Verkehr in den nächsten Jahren?

Sofern keine verkehrsplanerischen Maßnahmen durchgeführt werden und davon auszugehen ist, dass im Jahr 2030 die gleichen Verkehrsmittel wie heute gewählt werden, dann muss davon ausgegangen werden, dass der Kfz-Verkehrs um ca. 6500 Kfz in 24 Stunden zunimmt.

Demgegenüber wurde ein Szenario erarbeitet, wenn verschiedene Maßnahmen umgesetzt und dann von der Bevölkerung auch angenommen wird.

Dabei wird auf umweltfreundliche Verkehrsmittel gesetzt. Angedacht ist ein eigenständiges, innerstädtisches Bussystem mit verbessertem Anschluss der Stadtteile an die Innenstadt und in Abstimmung der Fahrpläne auf die Stadtbahn. Zudem soll für den Radverkehr ein Lückenschluss im vorhandenen Radwegeführungsnetz, mit der Komplettierung der Radrouten sowie der Verbesserung der Anbindung der Stadtteile außerhalb der Talschiene erfolgen. Des Weiteren steht die Schaffung von Barrierefreiheit im öffentlichen Raum im Fokus. Als ergänzende Mobilitätsangebote sind die Errichtung von Stellplätzen mit Ladesäulen für E-Kfz sowie das Bereitstellen von Flächen im öffentlichen Raum für privat organisierte Car-Sharing Angebote angedacht. Bei der Planung von neuen Baugebieten oder Nachverdichtungsvorhaben soll mehr darauf geachtet werden, dass eine gute Erschließung für ÖPNV und Radverkehr vorliegt und ein differenzierter und ausreichender Stellplatznachweis erfolgt.

Zudem ist die Weiterführung bereits umgesetzter Maßnahmen zur Lenkung und Beruhigung des Kfz-Verkehrs und zur Parkraumbewirtschaftung Gegenstand des Szenarios.

Insgesamt will die Stadt mehr Bürger dazu bewegen, das Fahrrad zu nutzen oder auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen.

Wie ist es aktuell im ÖPNV?

Das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln wird von den Bürgern im Hinblick auf die Stadtbahn und die Buslinien 214 (Gaggenau – Selbach – Baden-Baden) und 253 (Schulzentrum Dachgrub – Gaggenau – Michelbach – Freiolsheim) relativ gut wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wird das bestehende Anruflinientaxi kaum genutzt. Tatsache ist, dass die Stadtbahn nur die Stadtteile in der Tallage bedient, der Regionalbusverkehr lediglich zwei Linien Richtung Freiolsheim und Baden-Baden umfasst und dabei auch nur Michelbach und Selbach am Rande, aber nicht im Ortskern, bedient werden und die Stadtteile Sulzbach, Oberweier, Winkel sowie das komplette Quartier links der Murg inkl. Hummelberg nur durch das Anruf-Linien-Taxi erschlossen werden. Hinzu kommt, dass der Verkehr im Stadtgebiet zugenommen hat, der Umweltgedanke aktuell immer weiter in den Vordergrund rückt und trotzdem aber auch das Mobilitätsbedürfnis der Menschen weiter steigt. Des Weiteren wird es auf lokaler Ebene zu umfangreichen Änderungen des Verkehrsangebotes auf der Murgtalbahnstrecke kommen, indem im Dezember 2024 ein stündlicher RegionalExpress von/nach Karlsruhe eingeführt wird. Mit einem Stadtbussystem könnten im besten Fall alle Ortsteile auf dem Liniennetz und den Fahrplan der Straßenbahn und den neuen RegionalExpress angepasst und ebenfalls im Dezember 2024 eingeführt werden

Was ist mit dem Fahrrad?

Das Radverkehrsnetz soll so ausgebaut werden, dass die Erreichbarkeit aller Verkehrsquellen und -Ziele sichergestellt wird, sodass der Radverkehr eine echte Alternative darstellt. Das bedeutet, dass die Stadtteile an die Kernstadt besser angebunden werden müssen und gleichzeitig auch besser untereinander vernetzt werden. Dabei muss der Radverkehr sicher geleitet werden.

Um der rasanten Verbreitung von E-Bikes entgegen zu kommen, muss das Angebot an hochwertigen Abstellanlagen und Ladesäulen im öffentlichen Raum ausgebaut werden.

Fußgängerverkehr

Hier müssen verschiedene Bedürfnisse berücksichtigt werden. So haben zum Beispiel Sehbehinderte und Gehbehinderte unterschiedliche Anforderungen an Gehwege, die dennoch miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Somit ist das zentrale Thema in diesem Bereich die Barrierefreiheit für alle Beteiligten im Straßenverkehr. Daher ist bei Neubaumaßnahmen und Umbauten zwingend barrierearm zu bauen. Im Umfeld von Publikumseinrichtungen wie zum Beispiel dem Rathaus oder Ärztehaus sollten in Zusammenarbeit mit betroffenen Interessengruppen wichtige Zugangsrouten definiert werden. Diese sollten anschließend sukzessive barrierefrei hergestellt werden. Des Weiteren ist das Freihalten der Gehwege durch ausreichende Verkehrsüberwachung zu kontrollieren.

Ergänzende Mobilitätsangebote

E-Mobilität und damit einhergehend mehr Ladestationen aber auch Car-Sharing-systeme können und sollen das Angebot abrunden. Zudem gilt es Maßnahmen zur Lenkung und Beruhigung des Kfz-Verkehrs und zur Parkraumbewirtschaftung zu ergreifen.