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03.11.23

Wo sind Stufen? Wo verhindert ein zu hoher Bordstein das sichere Überqueren einer Straße? An welcher Stelle kommt ein Mensch an seine Grenzen, der in seiner Bewegung oder Wahrnehmung beeinträchtigt ist? Wann läuft er sogar Gefahr, sich zu verletzen?

Diese und ähnliche Fragen stellt Marcelina Krauze von der Abteilung Gesellschaft und Familie der Stadt Gaggenau den Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern, wenn sie durch die Ortsteile geht. „Ich suche ganz gezielt die Barrieren, auf die die Menschen in ihrem ganz normalen Alltag treffen.“ Marcelina Krauze, zuständig unter anderem für Inklusion und Generationen, nahm nun nach der coronabedingten Pause die Ortsbegehungen wieder auf, die in Oberweier ihren Anfang genommen hat. Der Stadt Gaggenau ist die Barrierefreiheit schon seit einigen Jahren ein wichtiges Anliegen. Bei Bau- und Modernisierungsmaßnahmen werden Fragen rund um Barrierefreiheit deshalb berücksichtigt. So wurden in den vergangenen Jahren bereits Bordsteine, die für Rollstuhlfahrer oder Personen mit Rollatoren schwer zu überwinden sind, abgesenkt. Doch es gibt viel Altbestand, den die Stadt nun nach und nach auf Barrierefreiheit unter die Lupe nimmt. Darum werden die Ortsteilbegehungen wieder forciert. Menschen mit Einschränkungen sind herzlich eingeladen, sich einzubringen und Hinweise zu geben, wo Verbesserungsbedarf besteht.

Gestartet hat Marcelina Krauze, die seit April dieses Jahres bei der Stadt Gaggenau beschäftigt ist und sich unter anderem mit den Themen Inklusion und Generationen befasst, ihre Tour durch die Gaggenauer Stadtteile im Flößerdorf Hörden. Zusammen mit Ortsvorsteherin Barbara Bender nahm sie die Gehwege, die Querungsmöglichkeiten und die öffentlichen und für die Öffentlichkeit bestimmten Gebäude und Plätze unter die Lupe. Sie liefen an der Flößerbrücke vorbei, an der Arztpraxis und zum Edeka. Doch auch die Schule, der Kindergarten und die Festhalle waren Ziele. Inspiziert werden die Toiletten mit Blick auf Barrierefreiheit ebenso wie die Gehwege durch den Ort. „Ich dokumentiere, was mir aufgefallen ist, und bin darüber im engen Austausch mit den zuständigen Abteilungen, wie zum Beispiel dem Hochbauamt und dem Tiefbauamt. Gemeinsam überlegen wir, was wir ändern können, um Barrieren aus dem Weg zu räumen“, erklärt Marcelina Krauze. Begleitet wurden sie und die Ortsvorsteherin von Sophia Bender, die mit einem Kinderwagen unterwegs war – und anbrachte, an welchen Stellen sie als Mutter Bedenken hat. „Das ist nicht ganz vergleichbar mit einem Menschen, der in einem Rollstuhl sitzt und dauerhaft mit den Barrieren zu kämpfen hat“, schränkt Marcelina Krauze ein. Stellenweise kommt aber auch eine kinderwagenschiebende Mutter an ihre Grenzen.

Oft sind es scheinbare Kleinigkeiten, die Menschen mit Einschränkungen zu schaffen machen. Eine Frau, die die Expertinnen auf ihrem Rundgang treffen, erzählt zum Beispiel, dass sie seit ihrer Hüftoperation Schwierigkeiten beim Gehen habe, wenn sich der Gehweg zur Seite neige. Ein Mann sagt, dass für ihn schon drei Stufen vor einem Gebäude ein Hindernis darstellten, die er ohne fremde Hilfe nicht überwinden könne.

Unlängst hat die Stadt beispielsweise einen Handlauf an der Treppe beim Kindergarten montiert. Dieser wird auch von drei Kindern mit verschiedenen Behinderungen besucht.„Davon profitieren jetzt auch zum Beispiel Senioren, die ihre Enkel in den Kindergarten bringen“, stellt Marcelina Krauze fest.

Sie verweist auf die UN-Behindertenrechtskonvention, die in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Unter anderem ist in dieser Konvention festgeschrieben, dass in Deutschland allen Menschen Teilhabe ermöglicht werden soll und sich eine inklusive Gesellschaft etabliert. Jetzt werde bei Baumaßnahmen auf Barrierefreiheit geachtet, erklärt Marcelina Krauze. Viele Hindernisse seien aber bereits vor vielen Jahren entstanden, als man sich dessen noch nicht bewusst war. Weitere Ortsteilbegehungen sind geplant.