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KohlenKuli aus dem Jahr 1953.
© Daimler AG

KohlenKuli, Tausendfüßler und Liliput klingen zunächst mal nicht nach Automobil. Und doch verbergen sich hinter den Spitznamen und Bezeichnungen bedeutende Automobile, die einst in Gaggenau produziert wurden.  Anlässlich des 125-jährigen Automobil-Jubiläums werden die historischen Fahrzeuge bei einem Korso am Sonntag 8. September im Rahmen der zweitägigen Festlichkeiten in Gaggenau präsentiert.

Die ganze Vielfalt dessen, was seit 1894 in den Gaggenauer Automobilwerkstätten gefertigt, wurde, spiegelt sich in diesem historischen Fahrzeugkorso am Sonntagmittag wieder. In ihm sind tatsächlich 105 der 125 Jahre Gaggenauer Automobilgeschichte mit Fahrzeugen vertreten – vom Orient-Express von 1897 bis zum letzten Unimog aus Gaggenauer Produktion von 2002. „Dazwischen“ bietet eine so noch nie gezeigte Sammlung von historischen Nutzfahrzeugen in Fahrt, und zwar – fast – vollständig auf eigener Achse, reichlich Gelegenheit zu schauen, zu staunen und in Erinnerungen zu schwelgen.

Auf einen Bergmann-„Liliput“ von 1905, einen LKW der Süddeutschen Automobilwerke von 1909 und einen Benz-LKW von 1916 folgen LKW, Feuerwehr-Fahrzeuge und Unimog aus verschiedenen Jahrzehnten. Darunter sind so schöne wie seltene Schätzchen wie der „KohlenKuli“ aus dem Jahr 1953 oder der LP 333 „Tausendfüßler“ von 1960 – von privaten Leihgebern und auch vom Werk Wörth der Daimler AG zur Verfügung gestellt. Das Unimog-Museum hat Kontakt zu anderen Museen wie dem Technikmuseum Speyer und dem Verkehrsmuseum Karlsruhe aufgenommen und den historischen Korso organisiert. Auch über die Feuerwehr wurden Fahrzeuge, die einst in Gaggenau gebaut wurden, vermittelt. Die Fahrzeuge können nicht nur bei ihrer Fahrt durch ihre „Geburtsstadt“ bewundert werden, sondern auch am Marktplatz sowie am Unimog-Museum. An beiden Orten wird Moderator Stefan Schwaab Interessantes über die Fahrzeuge berichten und sie den Besuchern präsentieren.  

Der Korso startet um 14.30 Uhr am Werk Gaggenau und bewegt sich über die Hauptstraße zum Marktplatz. Über die Konrad-Adenauer-Brücke und die Bismackstraße geht es dann zum Rotherma-Kreisel und in den Kurpark von Bad Rotenfels. Die Fahrt endet am Unimog-Museum, wo es noch einmal die Gelegenheit gibt, die rund 30 Fahrzeuge gründlich in Augenschein zu nehmen. Der Jubiläumskorso ist eingebettet in ein großes Festprogramm mit Livebands, Straßentheater, Bewirtung und Tour de Gaggenau.

Zum Thema:
Seit 125 Jahren werden im Murgtal Automobile gebaut. Das macht Gaggenau, in dessen Ortsteil Ottenau das Ganze seinen Anfang nahm, zum ältesten noch produzierenden Standort der Welt. Theodor Bergmann war der umtriebige, stets an Neuem interessierte Unternehmer, der ab 1894 in seinen gerade frisch gegründeten Industriewerken den Bau eines Motorfahrzeugs vorantrieb. Das war aber nur ein kleiner Teil der Produktpalette dieses eisenverarbeitenden Unternehmens, das wie ein bunter Gemischtwarenladen von Blechschildern über Verkaufsautomaten bis hin zu Luftpistolen alles Mögliche produzierte.

In dem aus Baden-Baden stammenden jungen Ingenieur Joseph Vollmer fand Bergmann einen kongenialen Konstrukteur, der mit dem „Orient-Express“ 1894/95 das erste Automobil im Murgtal baute – ein sechs PS starkes Vehikel mit horizontalem Einzylindermotor und der Karosserie einer offenen Reisekutsche. Es folgte neben Kleinlastwagen und einem 8-PS-Omnibus 1904 der von Willy Seck konstruierte Kleinwagen „Liliput“ – eine Art „Volkswagen“, der schon als Vehikel für Jedermann gedacht, dafür aber doch zu teuer war. 1904 kaufte Georg Wiß die Automobil-Sparte auf und gründete die Süddeutsche Automobilfabrik (SAF), die er 1905 in Süddeutsche Automobilfabrik GmbH (SAG) umfirmierte. 1907 erwarb die Konkurrenz aus Mannheim, Benz und Cie. die SAG und benannte sie 1910 in „Benz-Werke Gaggenau GmbH“ um. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich der Standort Gaggenau zu einem der Zentren des Nutzfahrzeugbaus der Daimler-Benz AG, wie das Unternehmen nach der Fusion von Daimler und Benz 1926 hieß. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren es vor allem LKWs, Busse, Feuerwehrfahrzeuge und mit Kriegsbeginn Fahrzeuge für die militärische Nutzung, die in Gaggenau gebaut wurden.  1951 kam der Unimog als Sondernutzungsfahrzeug in die Produktion. Bis 1967 wurden nun in Gaggenau neben LKW der Schweren Baureihe Unimog gebaut, ab 1967 nur noch Unimog. 2002 wurde auch die Produktion des Unimog ins LKW-Werk nach Wörth verlagert. In Gaggenau werden heute neben Getrieben für sämtliche Daimler Fahrzeugsparten zusätzlich Außenplaneten- und Portalachsen sowie PKW Wandler produziert.